Interview: Mit neuer Sport Business Unit die Zukunft des Sports gestalten
Caspar, die Digital Consultancy Forte Digital hat kürzlich eine neue Sport Business Unit gegründet. Was war der Auslöser für diese Erweiterung und welche Ziele verfolgt Ihr damit im Sportsektor?
Caspar: Bernd und ich hatten bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet, zuletzt an Dataviz FC, unserer Lösung für datengetriebenes Storytelling und cross-channel Fan Engagement. Schon bei der Entwicklung dieser Lösung standen wir in engem Austausch mit dem Team von Forte Digital und haben schließlich für die Umsetzung unseres Projekts mit dem DFB zur UEFA EURO 2024 mit Forte Digital Tech- und Experience-Teams zusammengearbeitet.
Forte Digitals Know-How im Bereich User Experience, Content-Aufbereitung und natürlich Back- und Frontend hat uns bei der Entwicklung einen großen Schritt nach vorne gebracht.
Im Anschluss an die EURO kam uns dann die Idee, unsere Kompetenzen zu bündeln, um Sportorganisationen dabei zu unterstützen digitale Potentiale zu heben und zukunftsträchtige Geschäftsmodelle aufzubauen. Und so gründeten wir Forte Sports.
Insbesondere möchten wir Medienunternehmen, Rechtehalter und Brands beim Aus- und Aufbau vom Direct-to-Consumer Business helfen, denn Fan-Interaktionen werden zunehmend digitaler und komplexer, und bedürfen einer persönlichen Ansprache, egal ob der Fan vor der Haustür oder in Südostasien sitzt. Dafür treten wir an – um digitale Fan-erlebnisse zu kreieren bzw. zu verbessern, zum Benefit aller involvierten Stakeholder. Forte Sports wird Sportorganisationen dabei unterstützen, diese Potenziale zu nutzen und ihre digitale Präsenz zu einem echten Wendepunkt im Bereich der digitalen Business Transformation zu entwickeln.
Bernd, Du bringst viel Erfahrung aus der Arbeit bei der DFL und FIFA mit. Wie prägen diese Erfahrungen Deinen Ansatz bei Forte Sports, besonders im Hinblick auf Markenkommunikation und digitale Business Transformation im Sport?
Meine vorherigen Stationen hatten ohne jede Frage prägenden Einfluss für die Idee und das Kundenangebot von Forte Sports. Ich will versuchen, das an einem Beispiel kurz zu beschreiben: Beide Organisationen sind originär verantwortlich für die Erstellung der Spielpläne ihrer Wettbewerbe. Der Spielplan, die daraus resultierenden Spieldaten und die Geschichten, die sich daran anschließen sind ein ganz wesentlicher Teil der Wertschöpfung.
Auf bundesliga.de und bei allen Sportmedien gibt es dann für gewöhnlich einen News-Artikel zum Spielplan und die üblichen tabellarischen Darstellungen in den Self-Service-Bereichen der digitalen Angebote. Wir sind fest davon überzeugt, dass ein Fließtext und eine tabellarische Darstellung keine zeitgemäße User Experience sind! Dies wollen wir mit Forte Sports ändern und den digitalen Mehrwert für den Fan wesentlich besser herausarbeiten.
Was müssen Sportorganisationen eurer Meinung nach unternehmen, um eine bessere User Experience zu liefern?
Bernd: Bleiben wir bei den Spieldaten: Bei Forte Sports haben wir mit Dataviz FC aus simplen und banal erscheinenden Spieldaten neue visuelle Formate geschaffen, die für den User deutlich spannender und spielerischer zu konsumieren sind. Neue und „schönere“ Formate schaffen aber alleine noch keinen Mehrwert. Der DFB als Dachverband erzeugt seine Wertschöpfung anders als ein Medienunternehmen, das seine Vermarktung bereits voll digitalisiert hat, wie bspw. der kicker oder OneFootball.
Die für uns zentrale Frage in jeder Beratung ist die nach der Wertschöpfung. Wie können digitale Erlebnisse dazu beitragen, die Wertschöpfung zu beschleunigen und damit zukünftig einen größeren Beitrag zum Wachstum zu leisten, als das heute der Fall ist. Bei diesen Fragen stellen wir den Fan in den Mittelpunkt. Wir erleben häufig, dass die Entscheider nach technischen Lösungen greifen und dann sehr rational und funktionsorientiert diese Lösung implementieren und launchen. Dort ist dann aber oft ein Disconnect in der Interaktion zwischen Menschen, in dem Fall dem Fan, und Maschine zu erleben. Ein fataler Fehler im Sport.
Eine gute User Experience berücksichtigt die – wenn ich es so nennen darf – emotionale Seite der Medaille. Beim Sport so wichtig!
Damit stellt sich dann auch der kommerzielle Erfolg aus dem Engagement ein, das Fan-Engagement ist hoch.
Sport ist Emotion. Diese emotionale Seite sorgt nicht nur für reibungslose Abläufe, sondern, wenn richtig gemacht, erzeugt zusätzlich und oft unterbewusst ein gutes Gefühl der Zugehörigkeit, der Interaktion, des mittendrin seins.
Die Sportbranche steht vor großen Herausforderungen. Wie unterstützt Forte Digital Sportorganisationen bei der digitalen Business Transformation und was sind die Schwerpunkte Eures Ansatzes?
Caspar: Interaktionen mit Fans sind zunehmend digitaler Natur. Viele Sportorganisationen sind noch nicht in der Lage, ihre Fans samt Verhaltensweisen, Bedürfnissen und Präferenzen eindeutig zu kennen. Der FC Barcelona beispielsweise hat weltweit ca. 500 Mio. Follower in den sozialen Netzwerken. Von diesen finden sich nur ca. 1% in der eigenen Datenbank wieder. Der Rest sind Profile auf Instagram, Facebook und Co.
Wie viel Mehrwert könnte geschaffen werden, wenn der Verein wüsste, wer die restlichen 99% der Fans sind, wie sie mit dem Verein interagieren und was ihre sonstigen Interessen und Bedürfnisse sind?
Daher sind wir überzeugt, dass D2C Modelle, die über das „Vereins-TV hinausgehen “das A und O sind, um vollwertiges Fan-Engagement zu treiben und sozusagen „Owner“ der Fan Experience zu werden.
Mit dem Vorteil, dass alle profitieren – die Fans durch für sie relevante Erlebnisse, die Partner durch mehr Fan-Engagement, und die Rechtehalter oder Medienunternehmen durch intensivere Interaktion mit den Fans.
Zur Ermöglichung personalisierter Angebote bedarf es natürlich einiger Maßnahmen, insbesondere muss ein solides Datenfundament gelegt werden, auf dem basierend man daten-informiert agieren kann. Aber Personalisierung bedeutet auch, dass es individueller Ansprachen für unterschiedliche Fans bedarf. Auch hier unterstützen wir, mithilfe von Automatisierung und KI, z.B. Redaktionsprozesse effizienter zu gestalten und eine gewisse Intelligenz insbesondere bei der Content-Erstellung und Distribution zu ermöglichen.
Und der Sport kann von anderen Industrien noch viel lernen. Hier hilft natürlich, dass Forte Digital bereits in Industrien wie Medien & Publishing, Retail & E-Commerce oder Automotive eine langjährige Kompetenz aufgebaut hat, die wir nun gewinnbringend auch im Sport anwenden können.
Bernd, während Deiner Zeit bei der DFL hast Du die Markenkommunikation einer der stärksten Ligen weltweit geleitet. Was sind Deiner Meinung nach die größten Unterschiede in der Markenführung von Sportorganisationen im Vergleich zu anderen Branchen?
Der große Vorteil ist mit Sicherheit, dass eine Marke wie die Bundesliga, die 99% der Menschen in Deutschland kennen bereits einen Platz in den Köpfen der Menschen gefunden hat. Da kann bspw. ein Autozulieferer oder ein Versicherungskonzern, wenn überhaupt nur mit sehr viel Aufwand und Invest mithalten.
Dieser Vorteil bringt aber gleichzeitig auch eine große Herausforderung mit sich: Denn der Bevölkerung bekannt zu sein bedeutet noch lange nicht, auch klar für etwas zu stehen. Während ein bedeutendes Attribut der Bundesliga ihre Tradition und Verankerung in der Gesellschaft ist, ist die die DFL als das verantwortliche Unternehmen dahinter einer der innovativsten Player im Sportbusiness. Dieser vermeintliche Spagat muss kommunikativ behutsam hinbekommen werden. Die Marke muss klar formulieren, wo sie hinwill und dann diesen Weg konsequent gehen. Hier gibt es im emotionalen Umfeld des Sports deutlich mehr Gegenwind als in anderen Branchen. Und damit ist auch die Markenarbeit täglich unter Beobachtung und muss sich beweisen.
Welche Rolle spielt Eure neue Sport Business Unit in der Zukunft von Forte Digital? Was können wir in den kommenden Jahren von Euch erwarten, sowohl in Bezug auf innovative Technologien als auch auf euer Engagement im Sport?
Caspar: Wer bereits mit Forte Digital gearbeitet hat, kennt unsere Leidenschaft und unser Commitment. Wir sind mit einem langfristigen Ansatz angetreten und setzen hohe Erwartungen in Forte Sports. Wir möchten nicht nur einen zählbaren Beitrag zu Forte Digitals Gesamterfolg beitragen, sondern insbesondere unseren Sportkunden spürbaren Mehrwert für ihren zukünftigen Geschäftserfolg liefern. Davon sind wir überzeugt, und daran werden wir uns messen lassen.
Bernd: Als Sportfans hilft es uns natürlich, jeden Morgen intrinsisch motiviert an den Schreibtisch zu kommen. Gemeinsam mit der fachlichen Kompetenz von Forte, und unserem skandinavischen Ansatz “Deliver value fast”, freuen wir uns auf vielfältige Herausforderungen und viele daraus resultierende Innovationen in den kommenden Jahren.
Die Zukunft des Sports gestalten
Dieser Artikel ist am 10. Dezember 2024 auf sportwirtschaft-journal.de, erschienen.